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Tabernakel (lat. tabernaculum) bedeutet Hütte, Zelt.

Die Nomaden, auch die Israeliten wohnten in Zelten. Wenn die Herden die Weidegründe abgegrast hatten, bauten sie ihre Zelte ab und zogen weiter, um das Land zu erreichen, wo "Milch und Honig fließt". (Bibel 2.Moses.3.8.17)

In einem ihrer Zelte führten die Isrealiten ihr Heiligtum, die Bundeslade, mit, in der sich das "Allerheiligste" befand - die Gebotstafeln.

In den Kathedralen, Domen, Kirchen und Kapellen der katholischen Christen finden wir heute Aufbewahrungsorte für das "Allerheiligste", den Tabernakel . In ihm werden die Hostien aufbewahrt, die in der Messe in den Leib Christi verwandelt wurden. (gewandelt?)

Da im Katholizismus die Eucharistie zu den sieben Sakramenten zählt, nennt man den Aufbewahrungsort für das Allerheiligste auch Sakramentshaus.

Das Sakramentshaus wie auch der Tabernakel sind Orte der stillen Anbetung. Das Brennen des Ewigen Lichtes zeigt die Anwesenheit des Allerheiligsten im Tabernakel an.

tabernakel

"Abbild des brennenden Dornbusches"

so die Bezeichnung für einen Tabernakel, der nach 52 Jahren zum Ursprungsort Ahlen zurückkehrte.

Im Zuge der Erweiterung des St.-Anna-Hospitals in Hopsten wurde 1958 außerhalb des Krankenhauses eine Kapelle gebaut.

Der damalige Pfarrer Hubert Naendrup (1893-1974)von der Pfarrkirche St. Georg Hopsten erteilte dem damals 28-jährigen Goldschmiedemeister Werner Fischer in Ahlen den Auftrag, den Tabernakel, die Ewig-Licht-Ampel, sechs Kerzenleuchter und das Kreuz für den Altarraum zu entwerfen und zu erstellen.
Pfarrer Naendrup, ein eher konservativer Geistlicher, gewährte Werner Fischer bei allen Teilen freie Gestaltungsmöglichkeiten, ließ aber für das Kreuz mit Korpus keine sogenannte freie neuzeitliche Gestaltung zu.

Fischer's Grundidee zum Tabernakelwar die Erzählung vom brennenden Dornbusch und die Verkündigung der 10 Gebote. Diese seine Idee fand nicht nur die Zustimmung des Pastors, sondern auch des Kirchenvorstandes.
Als Mose seine Schafe und Ziegen durch die Steppe trieb, kam er an den "Gottesberg" Horeb. Dort erschien ihm der "Engel des Herrn" in einer lodernden Flamme, die aus einem Dornbusch schlug. Mose sah nur den brennenden Dornbusch aber es fiel ihm auf, dass der Busch von der Flamme nicht verzehrt wurde. Mose ging auf den brennenden Dornbusch zu. Als der Herr sah, dass Mose näherkam, rief er ihn aus dem Busch heraus an: "Komm nicht näher".

Idee und Ausführung des Tabernakels aus Hopsten

Die biblische Geschichte um den brennenden Dornbusch setzte Goldschmiedemeister Werner Fischer in Ahlen optisch in Edelmetall und Edelsteinen um. Ein zweitüriger Stahltresor wurde außen mit echten Silberplatten belegt und es entstand ein sicheres Gehäuse für die Aufbewahrung des Allerheiligsten in der neuen Krankenhaus Kapelle des St. Anna Hospitals in Hopsten.

Für die Tabernakel-Vorderseite schmiedete Fischer ein geometrisches Gitter, bestehend aus echten silbernen Vierkantstäben, die er waagerecht und senkrecht aufeinanderlötete, vergoldete, und in deutlichem Abstand zu den Flügeltüren anbrachte. Mit dem geometrischen Gitter wurde eine optische Distanz zwischen der göttlichen Botschaft "Komm nicht näher." und dem brennenden Dornbusch geschaffen.
Fischer fertigte 10 verschieden große rechteckige Silberplatten an, die mit cabochon geschliffenen synthetischen roten Rubinen in geschlossenen Fassungen geschmückt wurden.
Der Gedanke, dass nicht jedes der 10 Gebote für den gläubigen Menschen einen persönlichen Bezug hat oder auch keinen, wollte Fischer durch die unterschiedlichen Größen der Platten ausdrücken.
Die eigens für diesen Tabernakel geschliffenen feuerroten Rubine erinnern an die Flammen des brennenden Dornbusches auf dem biblischen Berg Horeb. Eine der zehn Platten ist mit einem Scharnier versehen zur Verdeckung des profanen Schlüssellochs, um den Gesamteindruck des Betrachters nicht zu stören.
Der Tabernakel war das Herzstück der Krankenhauskapelle zu Hopsten.

Als das Hopstener Krankenhaus seine Pforten für immer schloss und erdbodengleich gemacht wurde, wurde die Kapelle mit ihrer Innenausstattung vom Betreiber des Bernhard-Otte-Hauses in Hopsten übernommen. Nach geraumer Zeit wurde auch das Bernhard-Otte-Haus anderweitig genutzt, die Kapellenausstattung entfernt und dem Bistum Münster zugeführt. Über diesen Vorgang wurde Werner Fischer zufällig durch Hopstener Bürger informiert.

Fischer nutze 2010 die Gelegenheit, die von ihm gestaltete und angefertigte Kapelleneinrichtung - Tabernakel, der zwischenzeitlich auf dem Josefsaltar der St. Georgs-Pfarr-Kirche in Hopsten postiert war, die Leuchter, das Ewige Licht, das Kreuz mit vergoldetem Korpus - vom Bistum Münster zurückzuerwerben. Der Kirchenvorstand der St. Georgsgemeinde unter ihrem derzeitigen Pastor Johannes Söntgerath stimmten dem Antrag zu.
Somit stand dem Rückkauf glücklicherweise nichts mehr im Wege und der Tabernakel konnte dem Interreligiösen Museum im Goldschmiedehaus Ahlen zugeführt werden.

Nachtrag:
In den geräumigen katholischen Kirchen hat man selten die Möglichkeit, das Sakramentshaus, den Tabernakel, aus der Nähe zu betrachten, weil das Betreten des Altarraumes aus Sicherheitsgründen oftmals untersagt ist.

Im Interreligiösen Museum im Goldschmiedehaus Ahlen bietet sich nun die Gelegenheit, den Tabernakel aus nächster Nähe in Augenschein zu nehmen. Der Tabernakel ist 60 cm breit, 35 cm hoch, 50 cm tief.

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Am 4. Juni 2016 unternahmen die „Museumsfreunde der Abtei Liesborn“, deren Mitglieder auch Anni und Werner Fischer aus Ahlen sind, eine Fahrt nach Düsseldorf. Grund war der Besuch der ständigen Ausstellung der Kunstsammlung des Landes NRW im Museum K20, verbunden mit einer Führung durch eine Expertin.
Gleich in der 1. Halle faszinierten uns 3 Arbeiten von Piet Mondriaan, Amersfoort,
mit seinen streng geometrischen Arbeiten mit rechteckigen Flächen und Linien.
Gedanklich erinnerten uns seine Arbeiten an den bereits Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts gefertigten Hopstener Tabernakel - ebenfalls mit seinen strengen geometrischen Linien. Der Tabernakel wurde im September 1993 im Museum Abtei Liesborn ausgestellt. Literatur „Vom Edelmetall zum Schmuck“ Seite 70 u.71